Dienstag, 24. Dezember 2019


Riders on the storm

Dienstagmorgen 06.45 Uhr. Der Motor wird gestartet und pflichtbewusst 15 Minuten warmlaufen gelassen.
GnaGnaGnaGna
Ein letztes Mal hören wir das typische Geräusch beim Lichten des Ankers in der Inselgruppe Melchior. Alles ist bestens vorbereitet für die Rückreise über den Drake. Das Dinghy zerlegt, die Kanus gefaltet, die Skis weit weg im Vorraum verstaut und alles festgezurrt.
Es heisst, von der Antarktis Abschied  zu nehmen und wir verlassen Sie bei schönstem Wetter und flacher See. Auch die Orkas begleiten uns ganz nah am Schiff wie eine Eskorte.
Doch schon bald brauchen wir die Motorenunterstützung nicht mehr und können mit moderaten Winden aus Ost segeln. Einige freuen sich auf den Drake, andere wiederum sind nicht wirklich erpicht auf den Schaukelstuhl und schmücken sich prophylaktisch mit Pflaster hinter den Ohren und Akupressur-Armbänder am Handgelenk. Der Schichtplan wird aufgenommen und die Tage und Nächte vereinen sich wieder; ja, es wird gar finster. Nach einer kurzen Transitionsphase wechselt der Wind nach West und wird stärker. Und somit werden auch unsere Wachen dezimiert, denn es trifft die Geschmückten mit der Seekrankheit. Eindrückliches und schönes Segeln auf und zwischen den Wellenbergen bei gut 30 Knoten Wind.
Samstagmorgens dann; Land in Sicht! Das berühmte Kap Hoorn zeigt sich von seiner typischen Seite im Wechselspiel zwischen Wind, Regen und Sonne.
Nun sind wir also „quasi“ zuhause und einige wollen schon ein Bier kredenzen, doch Brice meint, dass wir erst feiern können, wenn der „Camion“ am Steg in Ushuaja festgetaut ist.
Wie recht er doch hat! Die letzte Nacht wird extrem eindrücklich, kreuzen wir doch im Beagle Kanal mit Wind zwischen 50 und gar 60 Knoten. Die Kräfte auf die Podorange sind enorm, sie krängt sich nieder, das fliegende Wasser auf der hohen Kante peitscht ins Gesicht und unsere Kräfte an den Wintchen sind beim Wenden gefragt.
Dennoch wird es Morgen; erste Zeichen der Zivilisation sind erkennbar und tatsächlich legen wir unter 30 Knoten Wind am Quai von Ushuaja an. Uff, da sind wir wieder; müde und erschöpft, ohne ein Bedürfnis nach einem Bier. Eine warme Dusche, ein kleines Frühstück und ab ins Bett!
Nun gilt es, die Abgeschiedenheit mit der Gegenwart in Einklang zu bringen. Soll ich mein Telefon einschalten? Will ich wissen was Unwesentliches in der Welt geschehen ist oder schwelge ich noch in den vielen intensiven Eindrücken?
Unsere grosse Reise geht dem Ende zu, es verbleibt der Crew der Podorange für das Seglerische, sowie Ueli und Reto für das Alpinistische zu Danken. Alle und alles sind ganz und alles wird gut.

Dienstag, 17. Dezember 2019

Letzte Skitour und Vorbereitungen für die Überquerung der Drake-Passage

Google-Übersetzung, überbearbeitet - Originaltext weiter unten:


15.12.19:
Es ist fast zwei Wochen lang ununterbrochen gutes Wetter gewesen: blauer Himmel, Sonne von 1.30 bis 22.30 Uhr, warm. Nachts ist es so, wie man es nicht erwarten würde: auch in den wenigen Stunden ohne Sonne ist es immer klar. Die stechende Kälte in der Nacht erinnert uns immerhin daran, dass wir uns in der Antarktis befinden. Bei voller Sonne können wir die Gerichte regelmäßig auf Deck genießen. In der Tat sind die täglichen Anlässe zur Erfrischung zahlreich: vom "petit"déjeuner", zum "déjeuner ", zum "goûter", um endlich das "apéro" zu erreichen, gefolgt vom üppigen "souper". Wer auch immer daran gedacht hatte, in die Antarktis zu reisen, um vorweihnachtliche Hausfrauen zu vermeiden, musste schnell solche Absichten beiseite legen. Brices mega-galaktische "Barbecues" mit Riesen-Portionen werden in die Geschichte eingehen: Südamerikanisches, süßes, duftendes argentinisches Fleisch.Aber wir sind nicht hier, um Puppen zu kämmen. 

Die zehnte und letzte Skitour war wahrscheinlich eine Erstbegehung. Ausgangspunkt war eine kleine Spitze einer Bucht in der Fournier-Bucht der Großen Insel von Anvers. Eine Konstante von diesen Reisen in der Antarktis ist die Suche nach einem Punkt für die Landung. Diese Suche ist schwierig wegen der an den meisten Küsten ins Meer ragenden imposanten Gletscher, die aus dem Hinterland kommen. Bewaffnet mit leistungsstarken Ferngläsern fanden Brice und Ueli in der Fournier-Bucht ein kleines schneebedecktes Bauwerk, das das Klettern auf die Eiskappe, die an dieser Stelle 60-70 Meter dick ist, ermöglichte. Auf diesen steilen Bergrücken, den wir bei dieser Gelegenheit "Biancograt" tauften, konnten wir den Höhenunterschied mit weniger Herzschmerz als erwartet überwinden, aber mit atemberaubenden Fotos, die eines Bergsteigermagazins würdig sind. Mehr noch, Ueli hatte eine schöne, effektive und logische Spur unter den beeindruckenden, weit über 50 m tiefen Spalten gezogen, die uns auf einen Gipfel, offensichtlich ohne Namen, etwa 415 Meter hoch, führte. Inzwischen war Mittag und es wurde Zeit, die Abfahrt auf ein paar Zentimetern Sulz auf einem bestens tragenden Untergrund zu geniessen: eine wahre Delikatesse. Aber das war noch nicht alles: Nach 200 Metern Abstieg zogen wir die Felle wieder auf die Skier und schnell erreichten wir auch hier die Spitze eines zweiten 350-m-Gipfels ohne Namen. Der letzte Abstieg wand sich durch die Spalten eines sanften Hanges hinunter bis fast an Bord. Zu Fuss liefen wir den Strand ab, um den Pfad für den nächsten Tag zu erkunden. 

Von der effizienten Podorange-Crew mit dem unverzichtbaren "Zodiac" abgeholt, erwartete uns das "Déjeuner", offensichtlich im Freien serviert. In der Zwischenzeit wurde der Anker geborgen und neue Punkte entdeckt, um in den nordöstlichen Buchten der Insel Anvers zu ankern. Und Brice machte sich schweigsam auf die Suche nach einem neuen Weg zum Mount Français, 2825 m, der höchste Berg der Insel Anvers und einer der höchsten der Antarktischen Halbinsel? Für diese Tour wäre zumindest ein Biwak nötig, denn hier sind die zurückzulegenden Strecken enorm. 
Die Aufklärungsfahrt wurde wiederholt durch Walbeobachtungen unterbrochen, die jetzt regelmäßig eine Show für die Passagiere unseres Segelbootes anboten. Das Ziel war jedoch ein Ankerpunkt in der Gruppe der kleinen Inseln Melchior, den wir erst spät erreichten: Es waren einfach zu viele Wale zu bewundern und zu fotografieren...

16.12.19
Der nächste Tag war den Vorbereitungen für die Rückreise, der Überquerung des Drake, gewidmet: alles Zubehör (Ski, Zodiacs, Kajaks usw.), das wir gefunden hatten wurde im "cruise" -Modus auf der Brücke deponiert, um dann im Laderaum unter Deck verstaut zu werden. Wir nutzten auch die Gelegenheit zu duschen, unser Gepäck aufzuräumen und alles zu verstauen, was wir für die Überfahrt nicht brauchen. Ziel war es, das Segelschiff in den Modus "Navigation" zu verwandeln.
 

Die Überquerung des Drake ist für Dienstag, den 17. Dezember geplant, also  morgen, um am 21. Dezember abends oder am 22.12. morgens in Ushuaia anzukommen. In diesem Zeitraum konzentrieren sich die Bemühungen auf die Wachschichten und die Hilfe für die Segelmannschaft. Wenn alles gut geht - wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln - werden wir es schaffen, manche vielleicht mit Hilfe von Tabletten gegen Seekrankheit, pünktlich zur Weihnachtszeit zu Hause zu sein.



Originaltext: 

15.12.19:
Sono ormai quasi due settimane di bel tempo ininterrotto: cielo blu, sole dalle 1.30 alle 22:30, caldo. La notte, come ci si potrebbe aspettare non esiste: anche nelle poche ore senza sole è sempre chiaro. Tuttavia il pungente freddo notturno fa ricordare che in fondo siamo in Antartide. In pieno sole, regolarmente si gustano le pietanze sul ponte. In effetti le occasioni quotidiane per rifocillarsi sono numerose: dal "petit déjeuner", al "déjeuner", al "goûter", per infine arrivare all'"apéro", seguito dall'abbondante "souper". Chi avesse pensato di venire in Antartide per evitare le casalinghe abbuffate pre natalizie, ha dovuto velocemente mettere da parte i buoni propositi. Passeranno alla storia i mega-galattici "barbecue" di Brice con porzioni sudamericane di carne argentina tenerissima e profumata. Ma non siamo qui per pettinare bambole. 

La decima e ultima gita di scialpinismo probabilmente è stata una prima ascensione. Punto di partenza é una piccola punta di un’insenatura nella baia di Fournier della grande isola di Anvers. Una costante delle gite in Antartide è la ricerca di un punto per lo sbarco. Questa ricerca risulta difficoltosa perché dalla maggior parte delle coste entrano nel mare gli imponenti ghiacciai provenienti dall'entroterra. Armato di potente binocolo, Brice e Ueli hanno trovato nella baia di Fournier una piccola struttura innevata che permette di salire sulla calotta di ghiaccio, spessa in quel punto 60-70 m. Su una ripida cresta, battezzata per l'occasione "Biancograt", abbiamo potuto superare il dislivello con meno patemi d'animo del previsto, ma con fotografie mozzafiato, degne di una rivista d'alpinismo. Più su, Ueli ha disegnato una bella, efficace e logica traccia fra gli imponenti crepacci profondi ben più di 50 m portandoci su di una vetta evidentemente senza nome, alta circa 415 metri. È mezzogiorno ed è tempo di gustare la discesa su di un sulz di qualche centimetro su di un bel fondo portante: una leccornia. Ma non è finita qui: dopo 200 metri di discesa, rimettiamo le pelli e velocemente giungiamo in vetta ad una seconda cima di 350 m, anche questa senza nome. La discesa finale si snoda fra i crepacci di un dolce pendio fino al bordo, dove a piedi scendiamo in spiaggia per il percorso esplorato il mattino. 

Ricuperati dall'efficiente equipaggio della Podorange con l'indispensabile "Zodiac", ci attende il "déjeuner", servito evidentemente all'aperto. Intanto si ricupera l'ancora e si riparte alla scoperta di nuovi punti d'attracco nelle baie nord orientali dell'isola di Anvers. Che Brice, in silenzio, stia cercando una nuova via per raggiungere il Mount Français, 2825 m, la vetta più alta dell'Isola di Anvers e una delle più alte della penisola antartica? Ci vorrà una nuova spedizione, sicuramente con almeno un bivacco, perché qui le distanze da percorrere sono enormi. La ricognizione è stata più volta interrotta dagli avvistamenti di balene che ormai offrono regolarmente spettacolo ai passeggeri del nostro naviglio. Ma la meta era un punto di ancoraggio nel gruppo di isolette di Melchior che raggiungiamo tardi: troppe le balene da ammirare e fotografare ... 

16.12.19
L'indomani sarà dedicato ai preparativi per la traversata di ritorno del Drake: tutti gli accessori (sci, Zodiac, kayak, ecc.) che hanno trovato posto sul ponte durante la modalità "crociera", devono essere riordinati e messi nella stiva. Pure noi ne approfittiamo per fare una doccia e riordinare i nostri bagagli, mettendo nella stiva tutto quanto non serve per la traversata. L'obiettivo è di trasformare il veliero in modalità "navigazione". 

La traversata del Drake è prevista a partire da martedì 17 dicembre mattino, per arrivare a Ushuaia il 21 dicembre sera o il mattino successivo. In questo periodo gli sforzi saranno concentrati nel gestire i turni di guardia e di aiuto all'equipaggio navigante. Se tutto andrà bene, e non abbiamo motivo di dubitarne, alcuni magari aiutati dalle pastiglie contro il mal di mare, riusciremo dunque a riprendere la via del ritorno per essere puntualmente a casa per il periodo natalizio.

Üsschlafu, Quark-SUP Pingus, Schgiitüür, ....

14.12.19

Der Brice het am Vorabu gfreget ob wer nid „la grasse matiné“ welle machu.
Äs sind de alli froh gsi, hewer zer Abwäxlig chennu üsschlafu. Und na duma
feinu Frühstück siwer losgetuckrut. Seglu, das geid inner Antarktik nid so
wirklich, äs hed eifach kei Wind und wenn Iischscholle umcha sind isch eh
besser wemmu genau d’Richtig und z’Tempo cha stiiru.
Äs isch wieder as Prachtstagji gsi, im Neumeierkanal hets im südlichu Teil
relativ vil Iisch dri kä und di Podorange isch zuma chleinu Iischbrächer
mutiert. Je wiiter nördlich wir si cho um so weniger Iisch isch de umcha
gsi und umso besser is gangu.
Wier sinisch vorcho wie im Kino, z’Wätter und z’Panorama isch so
idrücklich gsi das fasch alli der ganz Tag meh oder weniger an Deck mit
stüünu verbrunngu hent. D’Antarktisch Bärgwält mit zerklüftetu Geltscher
isch an isch verbigezogu, hie und da an gwaltige Iischbärg und derzwischu
hent chleineri Gletscherabbrich und springundi Pingus fer Action gsorget.
Churz vor ischum Ankerplatzji hewer de no an zwei nid ganz heimischi
Pinguarte chennu beobachtu. Der  rot/grau Quark-SUP Pingu, waschi
eiflüglig fortbewegt, schine Flügel glicht duma lengu Paddel und d’Fiess
duma breitu Board. Und der Gälb/Schwarz Quark Pingu. Fa de Gälb/Schwarze
hets de zimli vil käbbet und di sind isch um d’Ohru gflizzt das der Brice
bim Quark-Explorer het miessu intervennieru.
Der Plan isch eigentlich gsi Kajaku und an Landüsflug zur Pingukolonnie.
Wills aber an Land meh Qurak- als Eselpingus het käbbet, hewer der Bsüoch
bi der Pingukolonie uf speter verschobu.
As vierer Gruppelti isch de ga Kajaku und d’Manu het de so gmeint
„nager???“, Ja was? Badu? ärnscht haft???? Und so isch eis fer eis ins
Badewasser gsprungu umgäbu fa Iischwürfeltini. Summi ganz elegant mit duma
perfektu Chöpfler oder duma Rückwärtssalto, annri as bitzji weniger. Na
der Badesession kehrunt 100% fa ische Frowe zum Arktischu Badeclub und
immerhin an Drittel fa de Männer, sind ächt d’Frowe wirklich dräckiger
gsi? Wies schi fer Badeferie kehrt hewer derna no as bitzji im Bikini,
oder bzw der Unnerwäsch gsünnelut. Im Gägusatz zum Wasser (Temp < 1°C)
hetnisch z’Sunna kehrig gwermut.
Als di gälbu Pingus sind wäg gsi hewer eigentlich no an Land wellu aber
churz vorher sind Iischbärga z’tribu cho, dennu het im Gägusatz zur
Podorange der Anker gfehlt. So hewer de anners Ankreplatzji miessu süochu
und schlussändlich is de d’spat gsi. Zum ZNacht het nisch der Thomas mit
schinum Tessinerrissotto und die Crew fa der Podorange  mit Gmiess, Fisch
und Dessert verwennt. Ich hä mi eigentlich uf Bigsutomate und Bigsubohne
fer 4 Wuche igstellt aber weit gefehlt. Kulinarisch wärdewer wirklich
verwennt.

Hittu siwer de wieder uf Schgiitüür gangu. Geschter hets no gheissu 600m,
hittu sinds de pletzlich 800m gsi, das mit dennu Höhumeter und Dischtanze
isch hie as bitzji inflationär..... Aber na dem isch z’Dinghi näbu dera
andru Pingukolonnie het üsglah (ohni gälbi oder roti Pingus), und isch
d’Eselspinguina mim afällu zuöglüüget hent is locker die 800 m abrüf
gangu, wier si mit dera bombastischu Üssicht uf die Bucht, die Podorange
und diversi Packboats belohnt wordu. D’Abfahrt isch perfekte Sulzschnee
gsi, tja sogar inner Antarktis wird mu belohnt wemmu am morgu rächtziitig
los geid. Z’Unnersch het nisch an einzelne „Bärgstiiger“-Eselspingu
willkommu geheissu und wier hei de no di ganz Kolonnie bestüünt, ohni
Touris. Faziit wier si alli meh wa zfridu uf ischum Segelbootji und das
wer die Cruisships meischtns nummu fa wiitum gseh. Na dum Mittagässu uf
Deck siwer de wiiter gschipprut, mit Seglu isch wieder nix gsi. Der Brice
het 3 Buckelwala und as Rudel fa Pinguina gepstellti kä und di hent nisch
de tatsächlich an faszinierundi Show gebotu. An Buckelwal isch so noch ans
Boot cho das wer nisch zer Sicherheit am Bootji hei käbbet, mu weiss ja
nie..... Voilà, der Tag isch eu scho fasch wieder durch...... Momentan
süochewer na duma Ankerplatzji fer hinna mabu. De appa Apero und Ässu, was
gids ächt hittu?

Der Wätterbricht fer die Drakepassage zeigt momentan 24h wenig und derna
kehrig Wind, mmh d’Eintu gfrewunntschi uf d’Seglu, d’anndru uf zStugeron,
aber in einem Punkt siwernisch einig, an d’Rückfahrt wellewer eigentlich
no gar nid deichu und d’Anarktis bis zum letschtu Momänt gniessu.

Freitag, 13. Dezember 2019

Enterprise, Brabant Island, Cape Renard, Lemaire Channel, Port Lockroy

Seit unserer Biwaktour sind nun schon 5 Tage vergangen. Nein, wir sind
nicht untergegangen..., aber Guvernoren ist es 1914, ein Walfängerschiff,
das nun verrostet in einer Bucht der Enterprise Island liegt und sowohl
ansegelnden antarktischen Küstenseeschwalben Nistplatz bietet wie auch
anderen herangesegelten braungebrannten Banden, die einen Ruhetag
brauchen... Damit auch unserer Podorage.
Wobei Ruhetag... Dass man rund um Enterprise in andere Universen
verschlagen wird, suggeriert ja schon der Name.
Ruhetag am 9. Dezember nur für die Beine - die Arme durften uns rund um
die Insel paddeln, die Nase die stinkenden Pinguine erschnuppern, die
Augen Walrippen und -wirbel auf dem Grund eines glasklaren Buchtbecken
entdecken, die Ohren Wasserplätschern von schmelzenden Eiszapfen an
Eisklippen erlauschen, ... Dazu Gebirgsbachrauschen vom Tidengang zwischen
den Steinen, das Geheimnis einer Kiste an Deck eines halbverschneiten
holzigen, alten Walfängerbootes oder auf Augenhöhe zu einer Weddelrobbe
... Vorher und nachher und dazwischen immer wieder Gaumenfreuden an Bord,
das versteht sich mittlerweilen schon fast von selbst und kann doch nie
genug erfreuen und geschätzt werden!
Nach der zweiten Nacht am Wrack angelegt, ging es am nächsten Morgen früh
los, damit wir unserer Skitoureninsel, zu der wir Brabant Island erklärt
haben, am 10. und 11. Dezember von einer neuen Seite entdecken könnten.
Hier bestachen nicht mehr Distanzen, Weiten und Rücken, sondern
zerklüftete Gletscher, Spalteneinblicke, tiefverschneite und eingeeiste
Steilflanken, weisse Pyramiden und bekappte Felsgratspitzen.
Eine weisse Winter-Märchenwelt über einem Sternenhimmel anderer Art – das
Südpolarmeer von oben, tiefblau mit seinen versprengten Eisbrocken und
–bergen – hierhinein galt es einfach einzutauchen.
Die einen bis zum Hals, die anderen zum Glück nur mit der Kappe...
Denn diese Tage war der einzige Beweis, dass wir nicht wirklich abgehoben
hatten, die Schwerkraft, die weiter auf uns wirkte. Sowohl auf
Harscheisen, Sonnenbrillen wie eben auch auf (fotografierende) Menschen.
Aber das Glück war uns so hold, dass nichts und niemand in Spalten oder im
Meer verloren ging, sondern ihnen Wirklichkeit gewordene Träume erstiegen.
Nahtlos ging es aus den engen und weiten Bögen der zweiten Skitour in den
Zickzackkurs durch die Eisberge soweit wie möglich nach Süden.
Die Crew wollte in einer langen durchschifften Nacht bis zum Lemaire
Channel gelangen, also wollten wir auch... Und so haben wir erlebt, was
schon in Aneinanderreihung den Atem raubt, wie im realen Erleben... Auf
diese Erzählungen darf jeder gespannt bleiben. Hier also nur die
Auflistung:
Apéro an Deck an der Sonne mit Aussicht auf Felspfeiler, das
peninsularische Hochplateau, das sich zum ersten Mal von seinen Wolken
befreit hatte und dem Blick zurück auf unsere Skitourenberge;
Buckelwale in Sicht – einer und zwei... Blas, Rückenfinne, Abtauchblase
auf dem Wasser, Schwanzflosse... wieder und wieder... bis der eine Wal mit
seiner Schwanzflosse aufs Wasser zu schlagen begann - was für ein
eindrückliches Verhalten - dann und wann auch eine Seitenflosse oder ein
Maul...;
Zum Aufwärmen Nachtessen unter Deck bis unsere Podorange Kreise zu fahren
beginnt – ein Seeleopard auf einer Eisscholle lockt uns und will uns mit
seinen Tauchgängen in und um sein hellblauschimmerndes Pool wohl auch
hineinlocken, so aufmerksam und herausfordernd schaut er uns auf jeden
Fall an;
Jetzt geht der Vollmond genau über unserer Skitourenpyramide auf, aber
nicht, dass die Sonne schon untergegangen wäre, schliesslich hat sie noch
die Aufgabe die nun am Horizont auftauchende Orka-Sippe in malerisches
Licht zu tauchen;
Wieder kreise fahren, umzingelt von springenden Orkas – Jungen und Alten,
mit grosser und kleiner Finne, in grösseren  Gruppen und alleine, gegen
die Abendsonne, vor dem Vollmond, im Abendlicht, zum Greifen nah, am
Horizont...
Und plötzlich taucht im Getümmel noch einmal ein Buckelwal auf und zeigt
uns auf dem Schiff seine von Muscheln und Buckeln bewachsene Haut aus
nächster Nähe. Wo ist da oben und unten? Was für ein gigantisches Tier...;
Sonnenuntergang – es ist ja schliesslich auch schon fast Mitternacht;
Ewige Abenddämmerung – schön, schöner, am schönsten – Parry leuchtet uns
noch lange nach;
Nahtloser Übergang in die Morgendämmerung – letzte rosa Wolken wandeln
sich in rosa Gipfelspitzen bis wieder die ganzen Berge leuchten;

Bald schon taucht Cape Renard am Eingang des Lemaire Channels auf – leider
aber auch fast undurchfahrbares Eis.
Es bleibt so spannend und bezaubernd, dass auch jetzt keine Zeit zum
Schlafen bleibt.
Die Crew navigiert voller Ruhe durch das dichter werdende Eis. Wir sind
dafür in einem nicht endenden Freudentaummel, dann geht es nicht mehr
weiter... ausser das Kreuzfahrtschiff hinter uns schlägt uns vielleicht
einen Weg durch die enge Meerstrasse, die wir mit ihren steilen Felshängen
schon erkennen können. Bis sie da sind, gibt es Frühstück auf Deck -
frischgebackenen Zopf und die Früchtebrötchen -auch das lässt sich bei
Nacht in der Antarktis bewerkstelligen.
Leider entpuppt sich dann auch für den netten Captain Alexander von der
Silver Explorations das Eis zu dicht und das grosse Schiff bleibt vor uns
stehen. So drehen wir eben bei, um auf der Rückseite der „sept
soeurs“-Bergkette Port Lockroy, die südlichste Poststation zu erreichen.
Endlich minimer Spannungsabfall, die Gelegenheit zu etwas Schlaf zu kommen
- unter oder auf Deck, im Dinghi oder an den Mast gelehnt, sitzend oder
liegend,  ... sicher nicht zu lange, schliesslich bleibt das Wetter so
herrlich wie die Aussicht! Was für eine Nacht!

In Port Lockroy ist die Bucht noch halb zugefroren. Jetzt spielt die
Podorange für einmal doch ein bisschen Eisbrecher und ankert dann
eingefressen in einer tragenden, aber matschigen Eisschicht, denn hier ist
der Sommer definitiv ausgebrochen. Handschuhe und Kappe sind abgelegt, für
die Skitour am Nachmittag reicht das T-Shirt und in den langen Unterhosen
wird geschwitzt, der Sulz und den steilen Blick von unserem
Kletter-Steigeisen-Grätchen hinunter auf unser so herrlich daliegendes
Schiff dafür umso mehr genossen.
Um halb 9 kommen wir zurück. Kein Grund den Apéro auf Deck auszulassen.
Nachtessen dann unter Deck, aber einmal mehr auf Deck herrlich
zubereitetes Fleisch.
Einzig die Vernunft bringt uns um Mitternacht endlich einmal wieder in die
Federn.
Am heutigen Tag, dem 12. Dezember, gilt es eben pünktlich zu sein. Termin
um 9 Uhr im Museum und der Poststation von Port Lockroy. Nichts mit
unserem schon fast in Fleisch übergegangenes Motto „jetzt mömer denn
langsam afange pressiere“, sondern in britischer Korrektheit ist uns genau
eine Stunde auf der Insel gewährt. Wir werden freundlich empfangen und
eingeführt, passieren den Pinguin-Highway und tauchen im Museum in die
Zeit um 1950 ein. Und gegen Ende der Stunde zum ersten Mal seit langem
auch wieder richtig in die Gegenwart der Zivilisation, worauf uns der
„Termin“ etwas vorbereitet hatte. Souveniers und vor allem Postkarten,
dazu braucht es ein Portemonaie... und später für die Adressen das Handy.
Fast vergessene Utensilien der nördlicheren Gefilde...
Aber sie sind schnell wieder vergessen auf den Anhöhen über den Kanälen,
wo uns heute die Welt bedeckt, aber nicht minder verführerisch empfängt
und uns unsere Umgebung und südliche Welt voller Glück und Dankbarkeit
überblicken lässt.

















Montag, 9. Dezember 2019

From seal to summit

Tag 1: 05. Dezember 2019

Morgens herrschte schon ein bisschen Aufregung auf der Podorange. Wir
lagen schon nicht mehr vor Anker und Brice steuerte die Insel Brabant an.
Allgemeines Nuschen in all den Sachen; eine Art Mensch und Material Tetris
zwischen den Gängen und Kojen. „ soll ich dies und jenes doch noch
mitnehmen? Wie kalt wird es werden?“. L’ explorateur Ueli kontrolliert ob
all die Zelte, Stangen und Heringe auch wirklich dabei sind.
Denn es heisst Biwak in der Antarkis für 3 Tage.
Nun werden wir mit dem Dinghi und all dem Mattos übersetzt. Wir winken
zurück: „ A la prochaine“ und hoffen, dass wir auf der Insel Brabant
wieder abgeholt werden; fast wie die Mannen von Shakelton’s Expedition auf
Elefant Island vor über 100 Jahren. Doch diese wussten wirklich nicht, ob
sie jemals wieder abgeholt werden. Wie die Geschichte schreibt, wurden sie
nach 128 Tagen gerettet. Bei uns sind es nur lächerliche Tage. Also alles
easy peacy.
Bald ist Goretex und Colltex im richtigen Sack und der Aufstieg geht los.
Grosse Konzentration ist gefragt um nicht etwa die Seerobbe anstatt den
Schleifsack hinten anzuhängen, denn seine grauschwarze Farbe, seine Form
und seine Dynamik ähnelt dem Ortlieb Schleifsack sehr.
Nun gut, wir steigen bei besten Wetterbedingungen bis auf ein
weitgezogenes Hochplateaux auf. Der „Campingplatz“ bietet perfekte Sicht
auf die antarktische Halbinsel und hunderten von Eisbergen. Die grosse
Bauphase beginnt mit Zelt, Küche, Toilette für Damen und Herren, Reduit
und Feierabendbänkli. Zum Znacht gibt’s für jeden eine Bouillon, wahlweise
Kichererbsen, Reis, Kebab, Mousse aux Chocolat oder Zitronencreme. Der
Maitre de cuisine zaubert dies locker aus der Küche, respektive aus dem
Beutel.
So langsam wird es zapfig und wir freuen uns auf den warmen Schlafsack.
Gut Nacht, auch ohne Nacht.

Tag 2: 06. Dezember 2019; Samichlausentag
Wunderbares Aufstehen nach einer Nacht im warmen Schlafsack. Der Porridge
ist schon gemacht und auf dem Teebeutel des Yogi Tees steht „Pflücke den
Tag“. Hier gibt’s zwar nichts zu pflücken, doch wir nehmen’s gelassen,
denn unser heutiges Tagesziel, der Gipfel des Mount Parry, ist ja schon
gut sichtbar. Wird wohl keine grosse Sache, diesen flachen Hoger. Also
gehen wir, und gehen, und gehen, und gehen.  Nach Stunden haben wir schon
100 Höhenmeter gemacht. Endlich steigt es an und der Blick zurück lässt
unser Camp verschwinden, nicht weil die Sicht verdeckt wäre sondern weil
die Distanz so gross wird. Und wir gehen und gehen und es wird 16.00; wir
werweisen wie hoch dieser Mount Parry wirklich ist. Ja, 8274 hoch ist er.
Wir haben also einen 8000er gemacht, jedoch in Fuss und nicht in Meter.
Was für ein überraschender, wunderbarer Gipfelblick in die steil nach
Westen abfallenden Flanken. Hier ist seriöses Gebiet! Frierend machen wir
uns Bereit und geniessen die Abfahrt in den enorm weiten Hängen bei besten
Schneeverhältnissen. Wieder ist die Sonne schon tief als wir unser Camp
erreichen, wieder gibt es Bouillon und Pasta und wir fallen nach dieser 10
Stundentour müde und zufrieden todmüde um. Schön kuschelig im Schlafsack
mit den feuchten Innenschuhen sagen wir dem gepflückten Samichlausentag
tschüss.

Tag 3: 07. Dezember 2019
Die Rituale schleifen sich ein, man weiss besser was man braucht, wo was
ist und schon sind wir wieder in der Seilschaft im Aufstieg. Der gestrige
Tag spürt man noch gut in den Knochen, doch nach der ersten halben Stunde
sind unsere Motoren warmgelaufen und wir steuern locker den „no Name Peak“
an. Reto führt uns souverän neben den Spalten durch. Ein Skidepot kurz vor
dem Gipfel und schon sind wir oben. Erneut gewaltige Aussicht bei bester
Sicht.
Wieder unten, gilt es unser schönes Camp wieder aufzulösen. Unsere
Schleifsäcke sind in der Abfahrt plötzlich viel dynamischer und überholen
uns gar. Wer hätte das gedacht?
Glücklicherweise holt uns die Podorange auch wie versprochen und nicht
erst in 128 Tagen ab; was für ein schönes zurückkommen aufs Schiff bei
einem kühlen Bier und hervorragender Fischsuppe, ein abrupter Wechsel der
Welten. Die Grillade und der Rotwein geben dem Tag den letzten Gong. Und
Tschüss.


Leider können die Antarktis-Reisenden frühestens von Ushuaia aus Bilder uploaden. 
Um dennoch einen Eindruck von den beschriebenen Erlebnissen zu bekommen, 
schalte ich Bilder auf, die während der Antarktis-Reise vor 2 Jahren aufgenommen wurden 
(auch mit dem Bergführer Ueli, dem Skipper Brice und dem Segelboot "Podorange").

Liebe Grüsse, Isabelle
(Blogbetreuerin und Mitreisende vor 2 Jahren)